Weihnachten auf St. John’s, ein Erfahrungsbericht

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Frédérique Hutter, Galeristin aus Zürich, verbrachte dieses Jahr Weihnachten einmal anders; Mit der St. John’s Community auf St. John’s in Südindien. In ihrem Bericht schildert die Botschafterin der SANNI Foundation ihre Erfahrungen.

Als ich am 13. Dezember in St. John’s ankam, rührte mich als erstes die liebevolle Weihnachtsdekoration. Auf dem ganzen Areal wurden farbige Lichterketten und leuchtende Sterne montiert. Ein roter, leuchtender Santa Klaus (Puppe) war als Krönung an einem Baum befestigt worden, umhüllt von noch mehr farbigen Lichtern. Vor dem Gebäude, in dem sich das Klassenzimmer befindet, haben die älteren Jungs sehr aufwendig und mit viel Liebe zum Detail mit Krippenfiguren und Kerzen und technischem Geschick eine übergrosse Krippe gebaut. Dies alles ohne das Wissen von Father Jose, der über das Ergebnis und die Kreativität seiner Kinder sehr stolz und beeindruckt war.

In der Vorweihnachtszeit ab Mitte Dezember geht Father Jose jeden zweiten Abend mit den Kindern auf „Carol Tour“, wo sie als Santa Kläuse verkleidet tanzend ein Repertoire an Weihnachtsliedern aufführen, unterstützt von Band und Verstärker. Bis zu 30 Privathäuser und kirchliche Institutionen werden an einem Abend für die Kirchenkollekte besucht, wo die einstudierte Einlage immer wieder von Neuem unermüdlich vorgespielt wird. Die Leute erwarten die singenden Kläuse jeweils mit grosser Freude. Ich ging vier Mal mit und konnte die Freude der Kinder und der Menschen hautnah bis spät in die Nacht hinein erleben und spüren. Die Kinder wurden reichlich mit Süssigkeiten und Essen von den Bewohnern belohnt. Für mich war es eine überaus interessante Erfahrung und Studie, ich habe fast hundert Häuser (!) von innen gesehen, von sehr armen bis sehr reichen. Etwas, was sonst niemand so ohne Weiteres zu sehen bekommt.

Kurz vor Weihnachten, am 22. Dezember, reisen die meisten Kinder in die Weihnachtsferien zu Verwandten oder Bekannten und kommen erst am 29. Dezember zurück. Es bleiben dann jeweils etwa zehn Kinder zurück, die niemanden haben, bei dem sie Weihnachten verbringen können. Doch Father Jose kümmert sich jedes Jahr mit einem vollen Programm rührend um sie, wie ein Vater. Ich durfte dieses Jahr dabei sein. Am 24. Dezember begann um 20.00 Uhr die Weihnachtsmesse in der Kirche von St. John’s. Vorher hat Father Jose bereits in zwei anderen Kirchen die Messe gehalten. Die erste Kirche und Weihnachtsfeier fand in einem sehr armen Dorf statt, in welchem Father Jose sehr aktiv ist und die Dorfbewohner unterstützt, wo er kann. Er zeigte mir das ganze Dorf und die Häuser, die sehr heruntergekommen wirken und mehrheitlich noch unfertig sind. Mit nur zweitausend Euro pro Haus könnte man Fenster, eine funktionierende Küche und einen richtigen Boden anstelle des feuchten, krankmachenden Lehmbodens einbauen. Dies würde die Lebensqualität der Bewohner enorm verbessern. Ich fragte Father Jose, wie viele Häuser im Dorf eine solche Hilfe nötig hätten. Er sprach von zehn Häusern. Dann wäre das ganze Dorf für zehn Familien und die weitere Generation „saniert“. Ich rechnete im Kopf die Totalsumme aus und dachte mir einmal mehr, dass man mit relativ wenig Geld so Grosses bewirken kann – ein ganzes Dorfbild verändern und an die hundert Menschen glücklich machen!

An diesem Weihnachtsabend in diesem Dorf hat mich noch eine weitere Begegnung sehr berührt. Während meinem Rundgang vor der Kirchenfeier durch das Dorf mit Father Jose, wurde ich von den Bewohnern nett begrüsst und begutachtet. Ich sah sie dann alle wieder eine Stunde singen und beten an der Weihnachtsfeier in der Kirche. Nach der Messe und dem obligaten Feuerwerk kamen zwei Frauen auf mich zu und gaben mir ein kleines Geschenk. Ich war sehr gerührt und etwas beschämt, dass ich selber nichts zum Schenken dabeihatte. Ich öffnete das Geschenk, gespannt was drinnen ist und fand einen wirklich schönen, kleinen Engel in einer Glaskugel, etwa so gross wie ein Glühbirne, den man mit einer Dreh-Schaltung in den Farben rot, blau und grün zum Leuchten bringen kann. Ein kleines Wunderwerk! Die Augen der Frauen leuchteten, als sie meine grosse Freude und meine Rührung sahen.

Um 21.30 Uhr waren wir dann pünktlich zurück in St. John’s, um rechtzeitig mit der dritten und letzten Weihnachtsfeier zu beginnen. Anders als jeweils an den Sonntagsmessen, wurden auch Weihnachtslieder gesungen. Als Höhepunkt, um Mitternacht, gab es ein laut krachendes Feuerwerk, sowie für alle Kirchenbesucher Weihnachtskuchen, der feierlich von Father Jose angeschnitten wurde. Danach hörte man von allen Seiten her „Merry Christmas“ und freudiges Lachen. Die Mädchen hatten sich für diesen Anlass mit indischen, festlichen Kleidchen besonders hübsch gemacht. Es herrschte eine familiäre und warme Stimmung an diesem Abend.
Am Tag darauf, am 25. Dezember, kommt jeweils der Kardinal höchstpersönlich zum Frühstück zu Besuch. Nachdem er mit einer grossen rechteckigen Weihnachtstorte, verziert mit seinem Namen aus Glasur, begrüsst und willkommen geheissen wurde, verteilt er Geschenke an die Schwestern und Priester und an die dagebliebenen Kinder. Danach wurde gefrühstückt. Ich durfte neben dem Kardinal sitzen und er sprach in einwandfreiem Deutsch mit mir.

Am Mittag ging es dann los auf den jährlichen Weihnachtstagausflug für die „Hinterbliebenen“, mich inklusive. Ziel war die Familie von Father Jose, genauer gesagt sein Zuhause wo er aufgewachsen ist, zu besuchen. Auf dem Weg dorthin befindet sich ein Fluss, den die Kinder aus früheren Besuchen schon kannten. Sie wollten unbedingt dorthin gehen um zu fischen. Es wurde spontan im Fluss gebadet (mit den Kleidern) gelacht und erfolgreich gefischt. Nachdem alle umgezogen und wieder trocken waren, ging es endlich los zum Endzielort. Die Mutter und Geschwister von Father Jose haben uns schon mit grosser Vorfreude erwartet. Hier wurde wieder gegessen, es fühlte sich sehr entspannt an, die Kinder kannten das Haus und fühlten sich hier daheim. Ende Nachmittag, bereits müde aber mit dem Wunsch – wie von Father Jose versprochen – Elefantenreiten zu gehen, machten wir uns auf dem Weg in eine Art Zoo. Als wir ankamen, waren alle wieder hellwach und voller aufgeregter Vorfreude auf die Elefanten. Es haben sich schlussendlich nicht alle getraut, auf diesen grossen Tieren zu reiten, doch alle waren von den Dickhäutern begeistert und beeindruckt und sprechen heute noch davon. Spät sind wir dann zu Hause in St. John’s angekommen und todmüde aber glücklich in unsere Betten gefallen.
So muss Weihnachten sein – und das alles bei 29°C!

Frédérique Hutter, Dezember 2018

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